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Kommentar zum Tagblattartikel sowie zur Antwort der Regierung

Tagblatt vom 19. November 2019
Tagblatt vom 19. November 2019

Im Kurzbericht des St. Galler Tagblatts vom 19. November 2019 (Artikel links) informiert das Tagblatt auch über die Antwort der Regierung auf die Motion. Gerne nehmen wir dies zum Anlass, einige Kommentare auf die Antwort der Regierung zu veröffentlichen. Lesen Sie in schwarz die Antwort der Regierung und in gelb unseren Kommentar.

 

Antwort der Regierung: Im Rahmen des V. Nachtrags zum Sozialhilfegesetz (nGS 2019-024, sGS 381.1) war die Finan-zierung von Notunterkünften ein zentraler Regelungsbereich. Die Regierung hat mit der Botschaft und dem Entwurf vom 1. Mai 2018 bewusst eine abweichende Finanzierung von Notunterkünften für Minderjährige einerseits und für gewaltbetroffene Erwachsene anderseits vorgeschlagen (vgl. Geschäft 22.18.11; Abschnitte 4.4. und 4.5.2). Begründet ist dies hauptsächlich darin, dass nur ein geringer Anteil der Aufenthalte von Minderjährigen im Schlupfhuus als Folge einer Straftat erfolgt.

In der Regel handelt es sich um Aufenthalte, die im Rahmen von Kindesschutzmassnahmen erforderlich sind. Vor diesem Hintergrund wurde eine eigenständige Regelung verworfen und an die bestehenden Grundlagen für die Finanzierung von Unterbringungen von Minderjähri-gen in stationären Einrichtungen angeknüpft.

Kommentar des Petitionsteams: Die Trennung der Abrechnung zwischen Erwachsenen und Kindern macht womöglich Sinn, ist jedoch nicht unser primäres Interesse. Wir erachten das derzeitige Finanzierungsmodell einer Notunterkunft für mangelhaft. Ob die Kinder Opfer einer Straftat wurden ist diesbezüglich nicht relevant. Stationäre Langzeiteinrichtung mit einer jährlichen Fluktuation von ca. 6 Kindern haben tiefere Aufwendungen als eine Notunterkunft, die per Definition auch leere Betten betreiben muss und jährlich ca. 100 Ein- und Austritte zu bewältigen hat. Eine Platzierung in einer Notunterkunft verursacht Kosten und bedarf spezifisch ausgebildeter Fachpersonen, welche die Kinder und Jugendlichen unterstützen.

 

Eine abweichende Finanzierung würde mit Blick auf die bestehende Aufgabenteilung zwischen den Institutionen und Kostenträgern insbesondere bei länger andauernden Platzierungen Probleme mit sich bringen und allfällige Fehlanreize bewirken.

Eine Platzierung in einer Notunterkunft ist keine «länger andauernde Platzierung». Sondern eine Krisenintervention für einige Tage und Wochen. Das derzeitige Finanzierungsmodell ist nicht auf eine Institution mit dem Auftrag der stationären Krisenintervention geeignet.
Das jetzige Abrechnungsmodell schafft aus unserer Sicht mögliche Fehlanreize: Eine stationäre Kriseneinrichtung könnte durch eine längere Aufenthaltsdauer der Klienten oder durch eine fachlich kaum indizierte Aufnahme die Belegung steigern und entsprechend den Tagessatz senken. Zudem können viele fachlich notwendige Leistungen ohne Aufnahme (Beratungen, Triagen, etc) nicht abgerechnet werden.
 

Auch wäre die Vereinbarkeit mit der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen IVSE (sGS 381.31) fraglich – wenngleich nicht ausgeschlossen.

Die Vereinbarkeit mit der IVSE ist prüfenswert. Falls nicht möglich, müssten andere Formen der Finanzierung gefunden werden.

 

Neben der eigenständigen Finanzierungsgrundlage beantragt der Motionär auch eine gesetzliche Bereitstellungspflicht für eine Notunterkunft für Kinder und Jugendliche. Die Planung von Nachfol-gelösungen aus privater Initiative ist allerdings bereits fortgeschritten, weshalb die lückenlose Bereitstellung des Angebots aktuell gesichert erscheint.

Es freut uns, dass die neuen Trägerschaften vorraussichtlich einen nahtlosen Übergang bewerkstelligen können. Das Anliegen bezieht sich unserer Meinung nach nicht auf die Nachfolgelösung, sondern auf den längerfristigen Betrieb einer Notunterkunft. Eine gesetzliche Grundlage bietet hierfür Rechtssicherheit und Planbarkeit.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt könnte eine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen gar zu Unsicherheiten oder zu Versorgungslücken führen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine gesetzliche Bereitstellungspflicht für eine Notunterkunft für Kinder und Jugendliche nicht nötig ist.

Das stimmt insofern, dass sich der Kanton derzeit auch ohne gesetzliche Verantwortung in der Pflicht sieht, eine Bewilligung für den Betrieb einer Notunterkunft zu vergeben.

 

Im Übrigen würde eine solche neue Rolle des Kantons auch die bisherige Finanzierung infrage stellen.

Genau das wäre wünschenswert. Siehe oben.

 

 

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